Intonation, Reiner Janke

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Grundzüge Intonation

Voraussetzung für die Intonation einer Pfeife ist immer eine gleichmäßig breite, saubere und gratfreie Kernspalte. Erst dann kann man die genaue Stellung des Kernes und die Flucht von Ober- und Unterlabium überprüfen.
Ausgangspunkt für die folgende Beschreibung ist eine "richtig" intonierte Prinzipalpfeife mit mittlerer Aufschnitthöhe.
Unterstrichen sind die primären Reaktionen der Pfeife. Danach folgen die sekundären in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit.

Vorweg noch einige Anmerkungen dazu, wie man die Ansprache einer Pfeife überprüft.Man bläst zunächst ganz vorsichtig, dann aber mit steigendem Druck in die Pfeife und beobachtet ihre Reaktionen.

1. Zu langsam bzw. zu spät:
die Pfeife (besonders eine Kleine) bildet am Anfang ungeordnete Vorläufertöne, springt erst bei relativ hohem Druck in den Grundton und will auch mit hohem Druck nicht in die Oktave springen.

2. Zu schnell bzw. die Pfeife oktaviert:
die Pfeife (besonders eine Kleine) bildet auch bei ganz schwachem Druck den Grundton, zieht allmählich mit steigendem Druck hoch und springt schon bei relativ niedrigem Druck in die Oktave.

3.Eine Pfeife ist in der Regel richtig eingestellt:
wenn sie bei starkem Druck gerade noch in die Oktave springt. Man kann dies aber nicht generell sagen, sondern man muß sich mit der Ansprache nach der jeweiligen Intonationsweise der Nachbarpfeifen richten.

Prinzipale

Veränderungen und Reaktionen


Fußloch erweitern

lauter, schärfer, forcierter, schneller, Stimmung höher
schärfere Ansprache (bei sehr hoch aufgeschnittener Pfeife weniger Spucken ), evtl. weniger Rauschen bzw. Blasen, mehr Kratzen

Fußloch verengen

leiser, grundtöniger, lieblicher, langsamer, Stimmung tiefer
weichere Ansprache (bei hohen Aufschnitten längeres Spucken), evtl. mehr Rauschen bzw. Blasen, weniger Kratzen

Oberlabium eindrücken

langsamer, schärfer, prinzipaliger
Ansprache etwas stumpfer

Oberlabium rausheben
schneller, grundtöniger, flötiger
Ansprache etwas härter

Kern höher

langsamer, schärfer, prinzipaliger
etwas lauter, Ansprache etwas stumpfer

Kern tiefer

schneller, grundtöniger, flötiger
etwas leiser, Ansprache etwas härter

Kernspalte enger

mehr trockene und spitze Schärfe, leiser, diffuser
Ansprache oft schneller, bei sehr engen Spalten: langsamer, mehr Rauschen

Kernspalte weiter

mehr rauhe und harte Schärfe, lauter, klarer
Ansprache oft langsamer, bei sehr weiten Spalten: schneller, mehr Kratzen

Erhöhung des Aufschnitts

wenn alle anderen Faktoren gleich bleiben:
grundtöniger, flötiger und langsamer
(nach Einstellen der Ansprache)
härteres Spucken, weniger Kratzen

wenn das Fußloch und die Kernspalte erweitert und der Kern tiefer gelegt oder das Oberlabium herausgeholt wird:
lauter
etwas rauhere und härtere Schärfe

Erniedrigung des Aufschnitts

wenn alle Faktoren gleich bleiben:
schärfer, prinzipaliger und schneller
(nach einstellen der Ansprache)
stumpferes Spucken, mehr Kratzen

wenn das Fußloch und die Kernspalte verengt und der Kern höher gelegt wird oder das Oberlabium eingedrückt wird:
leiser
etwas trockenere und spitze Schärfe

Für alle Veränderungen gilt, daß sie in einem relativ gemäßigten Rahmen liegen müssen. Übertreibt man, so können ganz andere Reaktionen auftreten. Diese führen aber nie zu einem guten Ton.

Gedeckte

Gedeckte zeigen bei Veränderung der Kernspalte, des Kerns und des Oberlabiums andere Reaktionen.

Veränderungen und Reaktionen

Oberlabium eindrücken

quintiger und farbiger , Ansprache lang und hart

Kernspalte weiter

wie oben + stärkeres kratziges Rauschen

Kern höher

wie oben + lauter

Oberlabium herausholen
grundtöniger und dunkler , Ansprache kurz und etwas weicher

Kernspalte enger

wie oben + stärkeres blasendes Rauschen

Kern tiefer

wie oben + leiser

Um die Stellung des Kerns und Oberlabiums zu finden, ist es am besten, den Deckel zu entfernen und die Pfeife offen anzublasen. Der Kern sollte so tief wie möglich sitzen, so daß die Pfeife bei hohem Druck gerade noch einen Ton gibt.

Störungen und Abhilfe

Prinzipale


zu leise
Fußloch erweiternKernspalte auf Verunreinigungen überprüfen und nachschauen, ob sie zu eng oder, bei engem Fußloch, zu weit ist. Stellung von Kern und Oberlabium durch Anblasen überprüfen, Aufschnitthöhe mit Nachbarpfeifen vergleichen.

zu laut
Fußloch verengenKernspalte mit Nachbarpfeife vergleichen und evtl. verengen

oktaviert
Kern höher, Oberlabium eindrücken

zu langsam
Kern tiefer, Oberlabium herausheben

kratzt und rauscht
Kernspalte auf Verunreinigungen und Aufrauhungen überprüfen, Stellung von Kern, Unter- und Oberlabium kontrollieren, Weite der Kernspalte verändern, Verhältnis von Fußloch zu Kernspalte mit Nachbarpfeifen vergleichen, ggf. verändern, Ecken der Kernspalte verengen, Aufschnitthöhe vergleichen, Kernstiche setzen.

Gedeckte

quintiert, kratzt, rauscht
Kern tiefer, Oberlabium rausheben, Kernspalte verengenFußloch erweitern und Spalte verengen, Kernstiche setzen, Aufschnitt erhöhen

rauscht und weiche Ansprache
Kern höher, Oberlabium eindrücken, Kernspalte erweiternFußloch verengen und Spalte erweitern, Kernstiche verreiben, Ecken schließen

Zwei grundlegende Intonationsprinzipien

l. Barockes Intonationsprinzip
Der Pfeife wird nur soviel Wind zugeführt, bis der Ton stabil steht. Dieses ist ihr "eigener Ton". Die Ansprache wird eher schnell eingestellt. Die Aufschnitthöhe in bezug zur Tonhöhe bestimmt die Lautstärke. Kernstiche dienen der besseren Ansprache und reduzieren Nebengeräusche. Ziel ist es, so wenig Stiche wie möglich zu setzen, um den Ton "natürlich" sprechen zu lassen. Beim Ausgleichen läßt man gewisse Unregelmäßigkeiten und Rauhheiten. Jeder Ton behält sein "Eigenleben", ohne die Charakteristik des Registers zu verlassen.

2. Romantisches Intonationsprinzip
Der Pfeife wird mehr Wind zugeführt, als sie für einen stabilen, "eigenen" Ton braucht: Die Ansprache muß dadurch langsamer eingestellt werden: Die Pfeife klingt "forciert". Die Aufschnitthöhe in bezug zur Tonhöhe bestimmt den Klangcharakter. Kernstiche reduzieren nicht nur Ansprache- und Nebengeräusche, sondern auch Obertöne, die bei einer forcierten Pfeife verstärkt auftreten. Deswegen werden mehr Stiche gesetzt, um den Ton statisch oder auch "künstlich" zu gestalten. Beim Ausgleichen versucht man alle Unregelmäßigkeiten auszugleichen. Jeder Ton verliert sein "Eigenleben", damit sich eine homogene, eng festgelegte Klangcharakteristik ergibt.

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