Intonation, Reiner Janke

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Alle Texte aus der Festschrift zur Weihe der restaurierten Ibachorgel in Halver (Westfalen)

Die Ibach-Orgel der Evangelischen Kirche in Halver

Grußwort zur Einweihung der restaurierten Ibach-Orgel

Nun ist unsere Ibach-Orgel wieder zurück und wir freuen uns als Gemeinde darüber. Ein Jahr lang haben wir auf sie verzichtet. Andere Instrumente haben den Gemeindegesang begleitet: Posaune, Flöte, Gitarre, Geige und Klavier. Sie haben uns auch gezeigt, wie viele musikalischen Gaben die Gemeinde hat. Trotzdem haben wir den Klang der „Königin der Instrumente“ vermißt und freuen uns um so mehr nun auf den Töne der restaurierte Ibach-Orgel. Vielen Dank allen, die mit Sachverstand und Zuschüssen mitgewirkt haben dieses Instrument zu restaurieren.  

Zwar hat die Orgel in den vergangenen Jahren ihre absolute Dominanz im Gottesdienst eingebüßt, doch hat sie damit ihre Bedeutung für die Musik in Gottesdienst und Gemeinde längst nicht verloren. Wir freuen uns über unsere Orgel und sind dankbar, daß wir sie zur Begleitung des Gemeindegesangs und für Konzerte haben. Darüber hinaus nehmen wir sie mit dieser Einweihung wieder auf in den Kreis anderer Instrumente und freuen uns an dem fröhlichen Zusammenspiel zu Lob Gottes und zum Aufbau der Gemeinde. Nach der gründlichen Restauration wird es nun möglich werden die Klangbreite dieses schönen Instrumentes gerade in Konzerten zur Geltung zu bringen.  

Wolgang Schaefer  

 

Die Kirche in Halver erhält eine Orgel

Aus dem Kirchenarchiv von Hermann Diebschlag  

Wenige Jahre nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges hatte der Pastor Matthias Ernst Witthenius den Mut, der Gemeinde die Anschaffung einer Orgel für die Kirche vorzuschlagen. Anno 1652 ist „in sämbtlichem Kirchen=Rath und Kirchspiels=Vorstand einmütig beschlossen worden, Gott zu Ehren... einiges Orgelwerk aufzurichten und die Kosten und Geldspesen durch eine freywillige Heebe.... zu collectiren“. Der Pastor und der Vikar Dethmar Jellinghaus sollten „zu dieses christ=löblichen Vorhabens Effectuirung, in hiesigem Kirchspiel umbgehen, vom Obern bis zum Niedern eine freywillige Gabe und Steuer einfordern, auch daneben, was ein jeglicher verehren und zulegen werde, in ein dazu besonders eingeheftetes Buch einsetzen“.  

Dieses Kollektenbuch - es befindet sich im Kirchenarchiv- ist noch vollständig erhalten. „Am 15ten Novembris des zu End laufenden 1652. Jahrs (wurde) der Collect anfang gemacht.“ Es ist erstaunlich, wieviel Geld so kurz nach der langen, schrecklichen Kriegszeit zusammenkam. Auf Seite 1 ist die Spende des Landesherrn verzeichnet, des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Er ließ dem Orgelfonds Strafgelder in Höhe von 31 1/4 Reichstalern überweisen, von denen allerdings 2 Reichstaler „wegen Cantzeleygebühr“ einbehalten wurden. (Die Strafen waren von Theves zum Holle (Hohle) - 25 Rtlr - und Christian Steinbecher zu Rotthausen - 6 1/2 Rtlr - verwirkt worden und „ad pias causas destinirt“ - für einen frommen Zweck bestimmt.)  

Heinrich v.Plettenberg zu Engstfeld „verehrte“ 5 Rtlr, der Gerichtsschreiber Gerhard Dornseiffen „eine ganze Rosenobel zu 4 Rthlr 1 Schill“, Heinrich Wippermann zu Middern-Carthausen 3 Rtlr, Tönnes zum Klefe (Clev) 2 Rtlr usw. Von 245 Spendern wurden im ganzen 333 Rtlr 41 Schill. 3 Pf gegeben.  

Schon vor dem Beginn der Kollekte war Pastor Witthenius „auf Cöln gesandt (worden), einen guten Orgelmachern daselbst aus zu hören und denselben zu uns auf Halver zu vermögen, umb die bequemste Stette darzu auszusehen, auch die Einswerdung zu versuchen“. Die Wahl von Pastor Witthenius fiel auf Hieronymus Ruprecht „in der Rosen, unter 16 Häusern zu Cöln“. Am 5. Oktober erschien dieser Orgelbauer mit Sohn und Gesellen in Halver. Am nächsten Tag traten „die Adligen, Vorsteher und Kirchmeister, neben dem Organisten zu Meinartzhagen - den uns zum Contract beyräthig zu sein, hiehin erbeten hatten - , dem Pastorn zu Rönsahl, Zimmerleuten usw zusammen“.  

Man einigte sich nach längerem Verhandeln, wobei „bis auf den dritten Tag, daran der Meister wieder verreiset, von gesambten verzehret worden 5 Thl 12 Schill. 6 Pf“. Der Organist von Meinerzhagen erhielt 26 Schillinge für seine Bemühungen. Dem Meister waren für den Orgelbau 230 Reichstaler zugesichert worden. Der dritte Teil dieses Betrages war im voraus zu zahlen. Weil nicht genug Bargeld in der Kirchenkasse war, lieh man sich 60 Rtlr bei Georg Voswinckel. (Für ein halbes Jahr wurden ihm dafür 2 Rtlr „verehrt“, was einem Zinsfuß von 6 2/3 % entspricht).  

„Umb das Werck zu beschleunigen“, schickte man dem Meister „Butter, Hasen, Schunken usw.“ für insgesamt 2 Taler 12 Schill. nach Köln. Nach Fertigstellung der Orgel erhielt er „laut Contracts“ noch „4 Schunken, die gewogen 39 Pfund, für 3 Thlr 39 Schill.“  

Die anderen am Orgelbau beteiligten Handwerker - Zimmerleute, Schnitzler und Schmiede - erhielten für Material und Arbeit zusammen 34 Rtlr 5O Schill. 9 Pf. „Johan Kruse, daß das Orgel von Cöln geführt, auch die Instrument und Geredshaft dem Meister wieder zurückgebracht“, bekam 10 Rtlr. Was die Handwerker „über währender Arbeit verzehret“ hatten, kostete 38 Rtlr 12 Schill. Der Organist zu Schwerte, Meister Bötterling erhielt „pro auscultatione organi“ (für das Stimmen der Orgel) 2 1/2 Rtlr. Schließlich gab man dem halverschen Fronboten, der die versprochenen, aber noch nicht gezahlten Spendengelder „beytrieb“, 29 Schillinge. So kam man bei der Endabrechnung auf 333 Rtlr 41 Schill. 3 Pf, also genau den Betrag, der durch Spenden für die Orgel „verehrt“ worden war. Am 18. Juni 1655 hat Gerhardus Dornseiffen, „Juratus Iudicii Notarius“, die Abrechnung „in allen ihren Puncten und Clausulen vor hiesigen Kierspels Adelichen, Kirchmeistern und Vorstehern, an Empfang und Ausgaben, lustrirt, examinirt und richtig befunden“. Neben der Unterschrift des Notars findet sich ein Abdruck des Kirchensiegels mit der Umschrift „S. Nicolaus Patronus in Halver“ und dem Bild des Heiligen.  

Der Schulmeister, damals Ludimagister genannt, war von jetzt an auch Organist der Gemeinde. Als erster scheint Herr Georgius Andreas in Halver die Qrgel „geschlagen“ zu haben. Er muß ein durstiger Mann gewesen sein. Am Osterabend 1655 ließ er auf Kosten der Gemeinde 4 Quart (etwa 4 1/2 Liter) Bier zu 4 Schillingen holen. Am Christabend brauchte er 2 Quart Koet (Bier), und zwischendurch noch 8 Quart. Nach seinem Weggang bezahlte die Kirchenkasse 29 Schilling, die der Organist zwei Wirten in Halver schuldig geblieben war.  

Die Orgelbälge wurden vom „Calcanten“ getreten, der dafür im Jahre 1655 1 1/2 Reichstaler erhielt. Diese Bälge mußten häufig repariert werden. Im Jahre 1710 wurde die Orgel um „drey neue Stimmen, als blechene Trompeten von 3 Fuß und Sesqui alten von 3 Fuß, wie auch Cymbalen mit zwey Registern“ erweitert. Einschließlich einer „neuen Orgel=Gallerey“ kostete das die Gemeinde rund 84 Reichstaler.  

Diese Orgel hat nach dem Neubau der Kirche im Jahre 1783 weiter im Gottesdienst geklungen. Pastor Dresbach schreibt im Jahre 1898: „Die Orgel hat 200 Jahre lang ihre Dienste getan“; denn im Presbyterial-Protokoll vom 31. Oktober 1854 lesen wir, die „uralte kleine 0rgel“ sei unbrauchbar geworden, und es müsse daher eine neue angeschafft werden. Das neue Werk wurde von der Firma Ibach Söhne in Barmen geliefert; mit der Anbringung und Aufstellung kostete dasselbe 2225 Thlr. Die alte Orgel wurde wieder einigermaßen in Stand gesetzt und dann an die katholische Kirche in Egen verkauft.  

Leider ist weder ein Vertrag noch die Disposition dieser ersten Orgel in Halver überliefert. Aufgrund des Preises darf man aber annehmen, daß es sich um ein einmanualiges Instrument gehandelt hat.  

 

Die Orgel der evangelischen Kirche zu Halver

Prof. Dr. Winfried Schlepphorst  

Es ist bemerkenswert, daß die Evangelische Kirchengemeinde in Halver sich bereits im Jahre 1652 für eine Orgel entschied, die ja in anderen reformierten Gebieten, wie in den Niederlanden und auch in den benachbarten Kreisen Siegen und Wittgenstein, seit 1581 verboten war. Während das Instrument jedoch in den reformierten Teilen der Niederlande etwa seit 1632 zur Begleitung des Gesanges wieder zugelassen wurde, entbrannte noch im Jahre 1675 ein erbitterter „Orgel- streit“ zwischen der Gemeinde Hilchenbach und dem Konsistorium in Siegen, bei dem dieses die Orgel als „Jüd- und Papstsche Reliquie“ bezeichnete. Erst um 1683 fand die Auseinandersetzung mit einem Neubau in Hilchenbach ein Ende2.  

Als die Gemeinde in Halver den Neubau der heutigen Kirche plante, wurde die Orgel - wahrscheinlich handelte es sich noch um die von Ruprecht stammende - von dem Orgelbauer Franz Georg Nohl aus Eckenhagen vor Abbruch der alten Kirche ausgebaut und nach 1783 in der neuen wieder aufgestellt. Die Kosten dafür beliefen sich auf etwa 30 Rthl.3 Nachdem man in Halver 1840 den neuen Altar mit Kanzel und darüber angeordneter Orgelempore erbaut hatte, wurde das alte Instrument 1856 an die katholische Kirche in Wipperfürth-Egen verkauft. Inzwischen hatten in Halver selbst die Gebrüder Ibach die heute noch vorhandene und jetzt restaurierte Orgel erbaut.4  

Die Werkstatt Ibach in Wuppertal-Bannen, die heute noch als bedeutende Klavierfabrik besteht, gehörte zu den bekanntesten Orgelbauunternehmen des 19. Jahrhunderts. Sie wurde 1794 von Johann Adolph Ibach (1766-1848) als Werkstatt für Klavier- und Orgelbau in Bannen gegründet. Nacheinander traten drei Söhne als Teilhaber in das Geschäft ein, das bis 1862 als „Adolph Ibach & Söhne“ firmierte. 1869 übernahm Richard Ibach (1813-1889) den Orgelbaubetrieb allein, während sich sein Bruder Adolph (1823-1883) um 1865 in Bonn mit einer weiteren Orgel- und Klavierbauwerkstatt selbständig machte. Bereits 1862 hatte der vierte Sohn des Firmengründers eine eigene Klavierfabrik eröffnet. Mit dem Tode Richard Ibachs 1889 erlosch der Orgelbau in der Familie.5  

Die Werkstatt Ibach lieferte bis zu diesem Zeitpunkt mindestens 235 Orgeln, die zu einem beträchtlichen Teil auch nach Belgien, Spanien, in die Niederlande und die USA sowie nach Südafrika exportiert wurden. 1850 waren bereits mehr als 70 Arbeiter in der Klavier- und Orgelfabrikation beschäftigt. Trotz dieser Tatsache, die die heute sehr negativ beurteilte Nähe zu einer Serienproduktion von Orgeln mit sich brachte, ist den erhaltenen Instrumenten eine hohe handwerkliche und künstlerische Qualität zuzusprechen. Bis etwa 1880 hielt die Werkstatt an der Schleifladenbauweise mit mechanischer Traktur fest und folgte damit, wenn auch mit eigenen romantischen Vorstellungen, der jahrhundertealten Tradition des Orgelbaus.6  

In Halver wurde am 28. Dezember 1854 der Vertrag zum Orgelneubau mit den Teilhabern der Firrna „Adolph Ibach Söhne“, Rudolph und Richard Ibach, geschlossen. Das Instrument kostete einschließlich des Gehäuses mit Anstrich und Vergoldung 2.200 Thaler preuß. Courant, es sollte bis Dezember 1855 fertiggestellt sein. Die Werkstatt leistete 3 Jahre Garantie. Leider sind die im Vertrag erwähnten Kostenanschläge vom 13.11. und 28.12.1854 nicht erhalten. Die Disposition der Orgel ergibt sich jedoch aus dem Abnahmegutachten, das der bekannte Organist der reformierten Kirche Elberfeld, Jan van Eyken, nach der am 2. Mai 1856 vorgenommenen Revision der Orgel erstellte:

 

Hauptwerk

1. Principal      8'
2. Bordun        16'
3. Rohrflöte      8'
4. Flaut major    8'
5. Octave         4'
6. Hohlflöte      4'
7. Quinte         2 2/3'
8. Octave         2'
9. Cornett 4f.    4' ab g
10.Mixtur 4f.     2'
11 Trompete       8'

 

Positiv  C-f'''

1. Viola di gamba 8'
2. Gedackt        8'
3. Fernflöte      8'
4. Principal      4'
5. Spitzflöte     2'
6. Flautino       2'

 

Pedal  C-d'

1. Violonbaß     16'
2. Subbaß        16'
3. Principalbaß   8'
4. Octavenbaß     4'
5. Posaunenbaß   16'

 

Drei Koppeln, Sperrventil, Calcantenglocke, ein freier Zug.  

In beiden Manualen war je eine Leerschleife vorhanden, so daß zu einem späteren Zeitpunkt noch zwei weitere Register eingebaut werden konnten.7  

Der Abnahmebericht, der das Werk außerordentlich positiv beurteilte, wurde - offenbar als Werbematerial - unter dem Datum des 31. Mai 1856 auch gedruckt. Der Gutachter konzentrierte sich im wesentlichen auf die Beschreibung der Intonation der einzelnen Stimmen, die er zumeist als sehr lobenswert bezeichnete. „Die Arbeit des Herrn Ibach ist überall in jedem Theile musterhaft, so daß ich es für unnöthig halte, solches bei jeder einzelnen Stimme zu wiederholen“. Dem Stil der Zeit entsprechend wurden vor allem die Flöten und Solostimmen als wahre Zierde der Orgel hervorgehoben, aber auch die präzise Ansprache der Pedalregister ist besonders erwähnt; das Pedal sei „gewiß das beste, was Herr Ibach je verfertigt hat“. Es ist aufschlußreich, daß van Eyken in seinem originalen Gutachten unmittelbar nach der Prüfung der Orgel die ihm etwas zu schwach erscheinende Into-nation des Prinzipal, des Bordun, des Gedackt und der Flaut major bemängelt und eine Verstärkung vorgeschlagen hatte. Auch die an sich gut gearbeitete Trompete hatte nach seiner Ansicht wegen der engen Becher und schmalen Zungen „zu sehr Fagot Ton“, so daß er einen Austausch gegen eine neue Trompete empfahl. Ob diese Veränderungen durchgeführt wurden, ist nicht ersichtlich.  

Bei der Beschreibung der Windladen erwähnt van Eyken eine neue Erflndung, eine „pneumatische Maschine“, die Ibach an den Ventilen zur leichteren Spielart angebracht hatte. Vermutlich handelte es sich um die von Ibach gebauten Vorventile im Baßbereich der Manuale, wie sie auch heute noch zur Erleichterung der Spielart im Orgelbau üblich sind. Adolph Ibach hatte sie bereits in der Orgel zu Schwelm 1852 verwendet und sich am 24.3.1852 beim Ministerium in Berlin um ein Patent für diese Erfindung bemüht.8 Wenn die Vorventile tatsächlich eine Verbesserung der Bespielbarkeit erbracht haben sollten, konnten sie heute nicht als ausreichend belassen werden. Bei der jetzigen Restaurierung hat die Orgel eine Abzugshilfe in Form kleiner Bälgchen erhalten.  

Anhand der Unterlagen im Pfarrarchiv ist das weitere Schicksal der Ibach-Orgel nur in groben Zügen zu erkennen. Am 11.3.1862 bewarb sich ein Orgelbauer Kron, der seit 3/4 Jahr nicht mehr bei Ibach beschäftigt und seitdem als selbständiger Klavier- und Orgelstimmer tätig war, um die Übertragung der Orgelpflege. Am 18. Oktober 1879 wurde jedoch mit Richard Ibach ein Vertrag über die Jahrespflege gegen Zahlung von 36 Mark geschlossen, der bis 1900 in Kraft war. Im Jahre 1910 erhielt die Orgel einen elektrischen Drehstrommotor von 1 PS als Winderzeuger; dieser mußte jedoch bereits im Jahre 1913 wieder ersetzt werden, da er offenbar nicht richtig funktionierte und zudem zu geräuschvoll war. Die Orgelbauanstalt Koch und Höhmann aus Ronsdorf, gleichzeitig „Spezialfabrik elektrischer Windmaschinen für Orgel und Harrnonium“, übernahm den kostenlosen Einbau gegen Übertragung der Orgelstimmung.  

Im Ersten Weltkrieg wurden, wie bei zahlreichen Orgeln, auch die Prospektpfeifen der Ibach-Orgel in Halver zu Kriegszwecken eingezogen. Die Firma Paul Faust aus Barmen bot deshalb am 22.11.1917 bereits den Ersatz der ausgebauten Pfeifen durch Zlnkpfeifen für 660 Mark an.  

Welche Veränderungen in der Folgezeit vorgenommen wurden, ist nicht eindeutig zu ermitteln. 1954 fand eine erste Instandsetzung der Orgel durch die Firma Weyland in Opladen statt, dabei wurde leider ein Teil der Originalregister, vielleicht aufgrund von Anobienbefall, beseitigt und die Orgel den Vorstellungen der Zeit gemäß „barockisiert“: nach dem späteren Befund von Rudolf Reuter aus dem Jahre 1958 stand im Hauptwerk ein neues Nachthorn 1' (!), im Positiv ein Scharf 2-3f. und eine Rohrschalmey 8'.9 Die wohl nachträglich von Ibach auf die leere Schleife des Positivs gesetzte Zungenstimme Fagott-Hautbois 8' fand sich an Stelle der Trompete im Hauptwerk.10 In der Folgezeit müssen weitere Veränderungen durch die Werkstatt Weyland ausgeführt worden sein, denn eine von Reuters Angaben weiter abweichende Disposition findet sich in einem Angebot der Firma Bürkle aus Schwelm aus dem Jahre 1975.  

Seit 1973 dachte man nämlich über eine Erneuerung der Orgel nach. Dabei ist es bemerkenswert, daß zunächst seitens des damaligen kirchlichen Sachverständigen der Vorschlag gemacht wurde, das Werk vollständig zu erneuern, da die Orgel „zu erhalten nicht wert“ sei. Die Fassade sollte zurückversetzt und die seitliche Spielanlage frontal vor die Orgel verlegt werden. Aus Kostengründen wurden im Presbyterium sogar Überlegungen im Hinblick auf eine Elektronenorgel angestellt. Beide Konzepte kamen glücklicherweise nicht zur Ausführung, vielmehr wurde im Jahre 1975 ein Umbau der Orgel durch die Firma Bürkle in Schwelm in Auftrag gegeben, die als Nachfolgerin der Werkstatt Faust mit der Wartung der meisten Ibach-Orgeln beauftragt war und das günstigste Angebot vorgelegt hatte.  

Es war Anliegen des Inhabers der heute nicht mehr existierenden Firma, des Orgelbauers Jürgen Dahlbüdding, die ursprüngliche Disposition annähernd wiederherzustellen. Die teilweise in Zink ersetzten Pfeifen sollten aufgrund im Firmenarchiv vorhandener Originalmensuren nachgebaut werden. Wie weit dies realisiert wurde, ist nicht sicher zu prüfen. Aufgrund der Kostenanschläge und der Schlußrechnung sowie des Abnahmegutachtens vom 3.1.1976 lassen sich die damaligen Maßnahmen ziemlich genau verfolgen:  

Im Hauptwerk wurden die nach 1917 eingebauten Zink-Prospektpfeifen C- disI in Zinn erneuert, die Flaut major 8' und der Baß des Bordun 16' wurden in Kiefer ersetzt, Cornett 4f. und der entfernte tiefste 2'-Chor der Mixtur neugebaut. Im Positiv wurde die verlorene Viola da Gamba 8' anstelle der Rohrschalmey wieder eingebaut, das stilfremde Scharf dagegen beibehalten. Im Pedal wurden die Register Principal 8' und Octavbaß 4' in Kiefer erneuert, der Violon 16' und die Posaune 16' aus Zink jedoch belassen. Ebenso blieb das im Hauptwerk vorhandene Salicional 8', das zu einem unbekannten Zeitpunkt nachträglich eingebaut wurde und in seiner jetzigen Form von 1954 stammte, in der Orgel erhalten.11  

Die 1954 eingebaute Spieltraktur wurde nicht verändert, sie gab in der Folge immer wieder Anlaß zu Klagen über mangelnde Präzision und Schwergängigkeit. Nachdem weitere Störungen und Schäden Instrument aufgetreten waren, stellte sich immer dringlicher die Frage nach einer durchgreifenden Restaurierung des Instruments, dessen Wert allmählich erkannt wurde. Bereits 1989 und 1990 untersuchte der Verfasser die Orgel und erstellte ein Gutachten zu einer Restaurierung nach heutigen denkmalpflegerischen Maßstäben. Dabei sollten die stilfremden Werkstoffe wie Sperrholz und Kunststoffteile durch originalgetreue Materialien ersetzt, die Spielanlage und Traktur nach IbachVorbild erneuert und die unpassenden Register aus der „Barockisierungwelle“ entfernt werden, um dem Originalklang einer frühromantischen Orgel mit ihren vielfältigen Farbmöglichkeiten wieder nahezukommen. Von einer rigorosen Rückführung wurde allerdings abgesehen, vielmehr wurden die 1954 und 1975 erneuerten Stimmen erhalten, soweit sie in Material und Klang nicht aus dem gegebenen stilistischen Rahmen herausfielen. Es entspricht heutiger denkmalpflegerischer Praxis, die gewachsene Substanz eines Denkmals, auch einer Orgel, zu bewahren und nicht eine radikale Rückführung auf einen vielfach nur hypothetischen „Urzustand“ zu versuchen. Ein weiteres ausführliches Gutachten des Orgelsachverstän- digen der Evangelischen Landeskirche, Herrn Manfred Schwartz, führte dann zu einer konkreten Ausschreibung der Restaurierung, die schließlich dem Orgelbaumeister Hartwig Späth aus March-Hugstetten übertragen wurde.  

Maßnahmen an historischen Instrumenten bedürfen einer intensiven Diskussion und vertrauens-vollen Zusammenarbeit aller Beteiligten, was in Halver in sehr erfreulicher Weise verwirklicht werden konnte. Die Gemeinde besitzt nun eine dem originalen Klangbild und der ursprünglichen Bautechnik weithin angenäherte Denkmalorgel, die gleichzeitig als eine der ganz wenigen erhaltenen Ibach-Orgeln in Deutschland besondere Beachtung verdient, umso mehr, als auch die Orgelmusik des 19. Jahrhunderts in einem ungeahnten Maße wieder aktuell geworden ist. Diese Musik läßt sich hier authentisch darstellen. Darüber hinaus wird die denkmalgerecht erneuerte Orgel aber auch dem liturgischen Dienst für die Gemeinde in neuer Schönheit gerecht werden.  

 

Anmerkungen  

1
Pfarrarchiv Halver A 31 Kirchengebäude Bd.I. - Vgl. auch: Rudolf Reuter, Orgeln in Westfalen, Kassel 1965, 5. 3.

2
Reuter, a.a.O., 5. XV. - Vgl. Hermann Busch, Die Orgeln des Kreises Siegen, Berlin 1974, 5.9.

3
Franz Georg Bullmann, Die rheinischen Orgelbauer Kleine - Roetzel - Nohl, Giebing 1969, 5. 145.

4
Reuter, a.a.O., 5.3.

5
Gisela Beer, Orgelbat Ibach Barmen, (1794-1904), Köln 1975, S. 1ff. - Hermann Fischer, 100 Jahre Bund Deutscher Orgelbaumeister, Lauffen 1991, S. 214.

6
Ebd.

7
Pfarrarchiv Halver, a.a.O. - Beer, S. 81ff.

8
Beer, S. 60ff, 5. 81-86, 206f. - Vgl. auch das ausfiihrliche Gutachten von Manfred Schwartz zur Orgel in Halver v.26.10.1990. Nach den Recherchen von Schwartz ließ sich kein Patent Ibachs bei den Patentämtern in München und Berlin sowie in den Beständen des Preußischen Ministeriums für Handel und Gewerbe im Geheimen Staatsarchiv Merseburg ermitteln.

9
Reuter, S. 3.

10
Ebd.

11
Alle Angaben nach den Akten des Pfarrarchivs
 

 

Wir sollen Gutes tun, dürfen aber auch Schönes tun und erleben!

Manfred Schwartz, Orgelsachverständiger der Evangelischen Kirche von Westfalen  

Ich werde immer wieder bei Orgelbauten und Orgelrestaurierungen gefragt, ob das denn heute noch verantwortlich sei, es wäre doch sicherlich „christlicher“, die Kirchengelder für andere Dinge auszugeben...  

Abgesehen davon, daß wir wie in diesem Fall in Halver wertvolle historische Substanz der Nachwelt als Denkmal erhalten wollen, erklärt sich der Stellenwert und der Zweck der Kirchenmusik nicht aus sich selbst heraus. Die Bibel ist voll von Aufforderungen zum Singen und Musizieren, zum Gotteslob mit dem Medium Musik. Es ist in der heutigen Zeit üblich geworden, die Kirchenmusik als Beiwerk zum Gottesdienstinhalt zu sehen. Diese Einstellung führt dann zu so grotesken Bezeichnungen innerhalb der Kirchenmusik wie etwa: ... die Kirchenmusik soll den Gottesdienst „verschönern“ oder es wird von „Einlagen“ bei Trauungen gesprochen. Derartige Bezeichnungen degradieren die Kirchenmusik auf das Niveau von Unterhaltungsmusik, unabhängig davon, daß es sich bei den Werken meist um klassische Musikstücke handelt.  

Auf der anderen Seite gaben bei einer Untersuchung über Hörgewohnheiten 10% der Gesamtbevölkerung an, ihnen gefalle Kirchenmusik besonders gut.  

Und jede/jeder zehnte in Deutschland singt in einem Chor, wobei es sich hier mehrheitlich um einen Kirchenchor handelt. Somit ist das Hören und Musizieren von Kirchenmusik heute keineswegs ein Randphänomen.  

In früheren Zeiten, vor allem vor dem 19. Jahrhundert, hatte die Musik, speziell die geistliche Musik ein anderes Selbstverständnis innerhalb der kulturellen Wertvorstellung.  

Eine solche Wertschätzung betonte aber auch den Stellenwert der Kirchenmusik, die in lutherischem Verständnis als göttliche Gabe angesehen, die Menschen zum göttlichen Wort, zu Gott selbst, leiten sollte.  

Martin Luther äußerte sich 1530 folgendermaßen über das Verhältnis von „Kunst und Theologie“: „Und ich urteile frei heraus und scheue mich nicht zu behaupten, daß nach der Theologie keine Kunst sei, die der Musik gleichzustellen wäre, weil sie allein nach der Theologie das schenkt, was sonst allein die Theologie schenkt: nämlich ein ruhiges und fröhliches Herz.“  

Da ja in heutiger Zeit, wie bereits eingangs angesprochen, bei allen kulturellen Investitionen als erstes immer gefragt wird, ob diese finanzielle Belastung innerhalb der Kirchengemeinden überhaupt vertretbar ist, erscheint mir doch wichtig festzustellen, daß wir sicher „Gutes“ tun sollen, aber auch „Schönes“ in lutherischer Tradition tun dürfen. Im übrigen läßt sich nicht nur mit finanziellen Mitteln etwas „Gutes tun!!“ In diesem Sinne hat Marcel Dupre, einer der bedeutendsten Orgelkomponisten des frühen zwanzigsten Jahrhunderts recht, wenn er behauptet: „Das Nachdenken über das Schöne ist eine Form des Nachdenkens über Gott. Alles Schöne und die Kunst sind eine Annäherung an Gott, ein Weg zu ihm.“  

Der Aufstellungsort der Ibach-Orgel hier in Halver deutet aber auch symbolisch auf den besonderen Stellenwert der evangelische Kirchenmusik hin. Die Orgel steht über Altar und Kanzel und dominiert somit innerhalb der gesamten Innenausstattung dieser Kirche. Nun, in der evangelischen Kirche zählt die Orgel neben Altar und Kanzel zu den drei Prinzipalstücken des Kirchenraumes. Vor allem im 16. und 17 Jahrhundert wurde in einigen Orgellandschaften daher die Orgel bewußt über Kanzel und Altar gestellt und symbolisierte unter anderem so die Dreieinigkeit.  

Auf der Basis einer lebendigen Kirchenmusik und nicht einer musealen Grundhaltung haben die Verantwortlichen dieser Restaurierung, nach langen und häufigen Diskussionen sich entschlossen, sogenannte pneumatische Abzugshilfen innerhalb der Traktur einzubauen, um eine annehmbare Spielbarkeit der Manualtraktur zu erreichen. Vor der Restaurierung wurden von mir im Baßbereich Tastengewichte zwischen 390g und 310g gemessen. Solche Werte sind keinem Spieler zumutbar und gehören spielphysiologisch in das Reich der Pathophysiologie, will sagen: Organisten riskieren auf solchen Instrumenten, wenn sie regelmäßig hierauf spielen und üben eine Sehnenscheidenentzündung. Vor der Restaurierung wurden mehrere Versuche unternommen die Traktur ohne Entlastungsbälgchen oder anderen „Servohilfen“ zu rekonstruieren. Die Traktur im Spieltischbereich war ja nicht mehr original und mußte ersetzt werden. Es stellte sich heraus, daß die Bauweise der Ventile ( mit Vorventilen) und die Auslegung der Ventilmaße die Hauptursache der schwergängigen Traktur war. Um diese Orgel also für unsere heutigen Bedürfnisse spielbar zu machen wurden die o.g. Abzugshilfen eingebaut. Diese Maßnahme ist voll reversibel.  

Auf der anderen Seite wurde gewachsene historische Substanz beim Pfeifenwerk belassen. Einige Register waren bei vorhergegangenen Instandsetzungen/Restaurierungen ersetzt worden. Diese Register wurden, so zeigte es jedenfalls die Archivauswertung, damals in der originalen Bauweise und Mensur ersetzt. Die Rekonstruktion von verlorengegangenem Pfeifenmaterial, für welche es keine eindeutigen Rekonstruktionsunterlagen (Mensuren, Legierung, Bauweise, Intonationsparameter usw.) gibt, stellt heute die Experten vor ein nicht lösbares Problem/Diskussion: Während die eine Seite aufgrund von Vergleichsmaterial anderer historischer Orgeln des jeweiligen Orgelbauers die verlorengegangenen Parameter erstellt und die Pfeifen danach rekonstruiert, verzichtet die andere Seite auf solch hypothetisches Rekonstruieren und läßt in den Instrumenten die gewachsene Substanz bestehen. Dieses konservierende Vorgehen ist natürlich auch ein Stück Denkmalschutz! In Halver wurden von mir probeweise Ibach-Mensuren verschiedener erhaltener Ibach-Orgeln oder Orgeln mit erhaltenen Ibach-Registern verglichen. Dabei zeigte es sich, das die Mensuren baugleicher Register (z.B. Prinzipale) vollkommen unterschiedlich in der relativen Weite und in ihrem Mensurenverlauf waren, wobei Veränderungen durch späteres Umstellen, welches meist eine Abweichung um 1-3 Halbtöne ergibt, mit berücksichtigt wurden!  

Ganz nebenbei sei erwähnt, daß die Beibehaltung historisch gewachsener Substanz in der Regel auch bedeutend billiger ist. Sicher ist es richtig bei fehlenden Registern (in Halver waren dies Zungenregister) auf Vergleichsmaterial zurückzugreifen, um das betreffende Register zu rekonstruieren. Die Ergebnisse solcher Pfeifenrekonstruktionen können aus meiner Sicht natürlich nur eine Annäherung an das Original darstellen. Ich betrachte es als Etikettenschwindel, wenn wie dies an anderen Orten geschehen, hypothetisch rekonstruiert wird und der Gemeinde anschließend ihre alte Orgel als z.B. „originale Silbermann-Orgel“ präsentiert wird. Aber wie gesagt, hier scheiden sich die Geister der Experten und es wird zum Teil recht viel und unschön darüber gestritten. Neben der Beseitigung der schwergängigen Traktur galt es das alte Klangbild annäherungsweise wieder herzustellen, eine Holzwurmbekämpfung durchzuführen, lose Holzverbindungen zu stabilisieren, die Balganlage zu restaurieren, das Werk mit all seinen Teilen zu reinigen und auch das äußere Erscheinungsbild (Farbfassung) des Orgelgehäuses zu restaurieren. Vor den Arbeiten an der Farbfassung wurde von einem Restaurator eine Farbschichtenfreilegung durchgeführt. Auf die Rekonstruktion/Freilegung der originalen Schicht wurde verzichtet. Die Beratung und Begleitung der Arbeiten an der Farbfassung wurden vom Westfälischen Amt für Denkmalpflege durchgeführt. Für die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit meinem Kollegen, Herrn Prof. Dr. Schlepphorst, mit dem Kantor Herrn Pumpa und den Vertretern der Kirchengemeinde, der Orgelbaufirma Späth, hier insbesondere mit dem Chefintonateur Herrn Janke, darf ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken. Möge das Instrument nach dieser aufwendigen Restaurierung lange zum Lobe Gottes und zur Freude der Gemeinde erklingen.  

 

Der Intonateur zu seiner Arbeit

Reiner Janke, Intonateur  

Intonation - was ist das?  

Die Intonation ist die klangliche Gestaltung der Orgelpfeifen. Dabei wird der Bereich des Labiums (Gesicht der Pfeife) mit Spezialwerkzeugen bearbeitet, um die Pfeife in Klangfarbe und Lautstärke zu verändern und ihr einen klaren und vollen Ton abzugewinnen, den sie von sich aus nicht gibt. Außerdem müssen alle Register (Pfeifenreihen einer Bauform) in sich wie auch zueinander in Klangcharakter und Lautstärke ausgeglichen und gestimmt werden.  

Der Intonateur bezieht den Stil der Orgel und die Raumakustik in seine Arbeit ein. Neben der Intonation wird der Klang einer Orgel noch durch die Disposition (Zusammenstellung der Register) und die Mensur (Verhältnis von Durchmesser zu Länge) wesentlich bestimmt. Die Intonation hat jedoch den größten Einfluß auf den Klang.  

Das Intonieren ist sehr gut mit der Stimmbildung eines Sängers zu vergleichen. In beiden Fällen ist es wichtig, daß alle an der Klangentwicklung beteiligten Teile optimal aufeinander abgestimmt und weit geöffnet sind. Beim Sänger ist dies der Rachenbereich und bei der Pfeife der Bereich um das Labium (das Loch, an dem der Pfeifenton entsteht). Die Legierung (Mischungsverhältnis von Zinn und Blei), die Bearbeitung und das Alter einer Pfeife beeinflussen den Klang dagegen fast nicht. Es schwingt ja kein Material wie bei einer Geige, sondern Luft, eine Art „Luftsaite“, die auch Luftblatt genannt wird. Je nach dem wie dieses Luftblatt beschaffen ist, das um die Kante des Oberlabiums schwingt, ändert sich die Tonqualität einer Pfeife.  

Im Laufe der Orgelbaugeschichte haben sich viele Intonationstechniken entwickelt, mit denen das Luftblatt in seiner Beschaffenheit verändert wird. Von 35 möglichen Parametern, die den Klang einer Pfeife beeinflussen können, haben die Höhe des Aufschnitts (der Schlitz im „Gesicht“ der Pfeife), die Weite der Kernspalte (die Spalte, aus der die Luft ausströmt, die die Pfeife zum Klingen bringt) und sogenannte Kernstiche (das sind Kerben, die in Richtung der Luftströmung in eine oder beide Kanten des Luftspaltes eingedrückt werden) den größten Einfluß auf den Klang.  

Die Intonation im Rahmen einer Restaurierung unterscheidet sich deutlich von der einer neuen Orgel. Bei einer neuen Orgel setzt der Intonateur seine eigenen Klangvorstellungen um und kann dabei alle Klangparameter frei bestimmen. Für eine Restaurierung muß er sich der Klangvorstellung des Erbauers beugen, die durch das vorhandene Pfeifenwerk mit den wichtigsten Klangparametern vorgegeben ist. Diese Arbeit gleicht dem Restaurieren eines alten Gemäldes, bei dem zunächst auch die Schmutzschicht beseitigt wird und so die ursprünglichen Farben wieder zum Vorschein kommen. Fehlende Stücke müssen in gleicher Farbe und Technik ersetzt oder ausgebessert werden. Das Motiv und die Auswahl der Farben bleiben dabei im wesentlichen unverändert.  

Da sich das klangliche „Motiv“ einer Orgel aus vielen hundert Pfeifen zusammensetzt, ist es während der Restaurierungsarbeiten in der Werkstatt noch nicht erkennbar. Erst wenn die Orgel abschließend in der Kirche intoniert wird, tritt im Zusammenspiel aller Register das klangliche Bild des Erbauers hervor. Darum ist jede Restaurierung ein kleines Abenteuer mit Überraschungen.  

Die Intonation der restaurierten Ibach-Orgel  

Obwohl die Orgel vor der Restaurierung äußerlich relativ unverändert erschien, sind in ihrem 150-jährigen „Leben“ immer wieder Veränderungen am Pfeifenwerk vorgenommen worden. Der größte Teil der Holzpfeifen wurde in den 70er Jahren wegen Holzwurmbefalls durch neue ersetzt. Sämtliche Ibachschen Zungenstimmen (das sind die schnarrenden Register) wurden durch neue, in Klangfarbe und Bauart unpassende, ausgetauscht. Die beiden dominierendsten Register, Mixtur und Cornet, bestanden nur noch zum Teil aus originalen Pfeifen. Neben diesen deutlich erkennbaren Veränderungen wurden außerdem noch unzählige Eingriffe im Detail gerade an den o.g. wichtigsten Klangparametern der Intonation und den Stimmeinrichtungen der Pfeifen vorgenommen. Daß hier nicht mehr von einem originalen Ibachschen Klangbild gesprochen werden konnte, liegt auf der Hand.  

Um bei diesem heterogenen Pfeifenwerk wieder einen möglichst originalgetreuen Klang zu erhalten, war es nötig, die Intonationsmittel und -techniken Ibachs anhand gut erhaltener Pfeifen genau zu studieren, und alle ergänzten oder veränderten Pfeifen in diesem Sinne zu intonieren. Die wichtigsten Intonationsmittel Ibachs sind: Enge Fußlöcher, relativ weite Kernspalten, gemäßigt eingesetzte schlanke Kernstiche, mittelhohe Aufschnitte und sehr spitzwinklige Kerne. Gerade die neueren Pfeifen wurden aber mit ganz anderen Techniken intoniert und färbten dadurch den Klang kühler und kratziger.  

Während der Labialpfeifenbestand bei der jetzigen Restaurieung vollständig übernommen werden konnte, mußten die Zungenstimmen rekonstruiert werden, denn die vorhandenen entsprachen in Klang und Mensur nicht dem Stil Ibachs. Als Vergleichsinstrument für diese Rekonstruktion diente die Ibachorgel in Roggendorf, bei der diese Register noch erhalten sind.  

Nach Abschluß der Vorintonation in der Werkstatt, bei der jede Pfeife in mühsamer Detailarbeit (etwa 20 Minuten pro Pfeife) wieder in einen orginalgemäßen Zustand gebracht wurde, erfolgte die abschließende Intonation in der Kirche. Dabei wurden noch kleine Korrekturen der Lautstärkeverläufe und Klangabstufungen vorgenommen, um die ursprünglichen Klangproportionen der Register wieder herzustellen.  

Ein Problem der Restaurierung war von Anfang an die uneinheitliche Stimmtonhöhe der Pfeifen. Alle Ibachschen Pfeifen waren ursprünglich einen halben Halbton höher gestimmt als unser heutiger Kammerton. Die später hinzugefügten Pfeifen hatten dagegen die heutige Stimmtonhöhe. Vor der Restaurierung waren die meisten Ibachschen Pfeifen um einen halben Ton höher gerückt und mit klanglich nachteiligen Stimmeinrichtungen versehen.  

Der gerückte Zustand wurde beibehalten, aber die Stimmeinrichtungen sind jetzt nach der Art Ibachs geändert worden. Dies wirkt sich klanglich positiv aus.  

Auch die Temperierung (die Verteilung der Halbtonabstände) ist nun wieder etwas ungleich. Sie entspricht in etwa einem zur Erbauungszeit üblichen Stimmsystem, nimmt aber Rücksicht auf die heutigen Hörgewohnheiten.  

Die Orgel wurde jetzt wieder in einen Zustand zurückgeführt, der ihrer Erbauungszeit entspricht. Sie ist damit ein sehr wertvolles Dokument aus der Zeit des mittleren 19.Jahrhunderts. Orgeln aus dieser Epoche erfreuen sich zur Zeit immer größerer Beliebtheit in der Orgelwelt. Gerade bei jungen Organisten sind Orgeln wie hier in Halver ausgesprochen „in“.  

Ich wünsche der Gemeinde viel Freude am Klangreichtum dieses Instrumentes, mit dem jeder Gottesdienst schöner und reicher wird.  

 

Restaurierung der Adolf Ibach - Orgel in Halver

Hartwig Späth, Orgelbaumeister  

Der Begründer der Klavier- und Orgelbaufirma Ibach war Johannes Adolf Ibach (1766-1848), geb. am 17. Oktober 1766 in Lüttringhausen. Er baute 1794 sein erstes Instrument, ein Tafelklavier. Im gleichen Jahr wurde er mit dem Umbau der Klosterorgel zu Beyenburg beauftragt, „seinem Erstlings- und Meisterwerk, welches ihm Ehre eintrug und der Grundstein des späteren Ruhmes wurde“.  

Im Jahre 1804 verlegte er seine Werkstatt nach Wupperfeld. Erst J. A. Ibachs ältester Sohn, Carl Rudolph (1804-1863), dem infolge der Kränklichkeit seines Vaters schon als Einundzwanzigjährigem die Leitung des Geschäfts übertragen wurde, widmete sich dem Orgelbau mit der gleichen Intensität wie dem Klavierbau.  

1839 trat J. A. Ibach als Mitarbeiter des Geschäfts zurück, dafür wird Bruder Richard Ibach in die Firma aufgenommen.  

Der Eintritt von Bruder Richard Ibach in die Firma war für den Ibachschen Orgelbau von entscheidender Bedeutung. Richard galt als Spezialist für den Orgelbau.  

Die Firma Johannes Adolf Ibach und Söhne in Barmen hat Mitte des letzten Jahrhunderts erstaunlich viele, z.T. auch große Orgeln im Ausland gebaut. Daß nur noch wenige dieser Instrumente erhalten sind, überrascht. Eines davon ist die Orgel für Halver. Sie entstand im Jahre 1856.  

Frau Giesela Beer hat 1975 in ihrem Buch: „Orgelbau Ibach, Barmen (1794-1904)“ sehr viel über diese Firma zusammengetragen und geschrieben, wobei das gut erhaltene Firmenarchiv sehr hilfreich war.  

Über die weitere Geschichte der Orgel in Halver und die erfolgten Eingriffe ist uns nicht sehr viel bekannt, aber zumindest am Instrument selber kann man vieles darüber ablesen. Die Orgel in Halver war im technischen Bereich relativ gut erhalten. Nur der Spieltisch war im Jahr 1975 entfernt worden, vermutlich wegen der unbequemen Sitzposition und der zu schweren Spieltraktur. Die Traktur der Orgel war wohl immer zu schwer zu spielen, denn schon der Erbauer hat versucht, mit einer „pneumatischen Maschine“ die Traktur zu erleichtern. Dies hat aber in der angewandten Form nicht viel erbracht. Deshalb wurden jetzt bei der Restaurierung sog. Balancierbälge auf die zu großen Spielventile der Manuale gesetzt, die regulierbar sind und mit Hilfe des Winddruckes in der Windlade den Ventilabzug erleichtern, damit ein normales und flüssiges Orgelspiel möglich ist.  

Der klangliche Teil der Orgel war aber ziemlich entstellt. So waren schon fast alle Holzpfeifen vermutlich 1975 erneuert und einige Veränderungen in der Disposition vorgenommen worden. Bourdon 16' war später eingesetzt worden, Cornett 4 f. erhielt neue Pfeifen, Salicional 8' wurde vermutlich schon 1954 auf einer freien Schleife eingesetzt mit Gebrauchtpfeifen. Die Prospektpfeifen von Prinzipal 8' und Oktave 4' mußten im ersten Weltkrieg als Kriegsmaterial abgeliefert werden und wurden zunächst in Zink ersetzt und dann 1975 in Zinn erneuert. Die Mixtur wurde verändert, die Zungenregister Trompete 8' und Posaunenbass 16' wurden 1975 durch Fabrikware ersetzt. Im Unterwerk wurden 1975 eine Viola di Gamba 8' und ein Register Scharff neu eingebaut.  

Dazu kam dann der Umstand, daß der Winddruck abgesenkt wurde, die Intonation der Register sehr uneinheitlich und schlecht war, so daß die Orgel in Verbindung mit der viel zu schwergängigen Traktur fast unbrauchbar war.  

Im April 1991 machte ich einen Kostenvoranschlag für die Restaurierung der Orgel, und es war für uns eine besondere Freude, als die Evang. Kirchengemeinde Halver im Juni 1992 uns mit der Restaurierung der Orgel beauftragte.  

Während der Restaurierungsarbeiten mußten wir sehr oft in die Rolle des Erbauers schlüpfen, um uns mit allen Eigenarten des Instrumentes vertraut zu machen. Es galt Vergleichsinstrumente kennenzulernen und zu untersuchen und vermessen, so z.B. in Hückeswagen und Mechernich-Roggendorf.  

Die Disposition, wie auch die Ausführung des Gehäuses in klassizistischer-gotischer Manier entsprach dem damaligen Zeitgeschmack. Es war die Übergangsphase von der klassischen Orgel hin zum romantischen Instrument.  

Für diese Restaurierungsarbeiten mußte die Orgel total abgebaut werden und wurde in unserer Werkstätte in Hugstetten bei Freiburg ganz gründlich überarbeitet. Dort wurde eine eingehende und gründliche Restaurierung der Orgel durchgeführt, nach dem dafür üblichen Standard. Die Zungenregister wurden neu in Mensuren nach Ibach geliefert.  

Im März 1996 wurde die Orgel wieder angeliefert. Der Intonateur, Herr Reiner Janke, hat in gekonnter Weise Ibachs Intonationshandschrift wiedergefunden und wiederhergestellt und auch die neuen Register entsprechend angepasst.  

Sie können heute das neu restaurierte Instrument in Augenschein nehmen und sich von seiner Klangqualität überzeugen.  

Der Gemeinde wünsche ich mit dem restaurierten Instrument viel Freude und Erbauung und hoffe, daß die Orgel keine schmerzlichen Veränderungen mehr erfahren muß.  

 

Gedanken zur Kirchenmusik

Andreas Pumpa , Kantor in Halver  

Wozu gibt es heute noch Orgelmusik, wurde ich einmal gefragt. Hat es heute noch Sinn, den Gottesdienst mit Orgelmusik zu „untermalen?“ und zu „verschönern“? Ist sie nicht ein Überbleibsel einer vergangenen Zeit? Oder ist vielleicht eine Kirchenmusik im Gottesdienst auch heute noch mehr als teurer Zierrat und bloßer Schmuck?  

Die Bibel des Alten und des Neuen Testamentes ist voller Musik! Fast immer redet sie von Musik im Gottesdienst: das alte Testament von den Festen im Tempel, das Neue Testament von einer himmlischen Liturgie. Israel hat alle damals gebräuchlichen Instrumente benutzt, wenn es gefeiert hat, siehe auch 1 Chronik 15,28 „Das ganze Volk stimmte jubelnd in den Klang der Hörner, Trompeten, Becken, Harfen und Lauten mit ein.“  

Die 150 Psalmen sind das Gesangbuch des Alten und Neuen Testamentes. Sie werden zu Instrumenten gesungen. Am Anfang dieser Lieder befinden sich vielfach noch Anweisungen für die Sänger und Spieler. Das erste Buch der Chronik berichtet weiter, daß bei der Überbringung der Bundeslade auf den Tempelplatz die Priester Trompete geblasen haben und König David vor der Lade tanzte. Schon damals ist das Tun des König möglichen Mißdeutungen ausgesetzt: Davids Frau wirft ihm vor, er benähme sich wie ein einfacher Mann und verachtet ihn. Dennoch bestimmt David, daß Chor und Instrumentalisten weiterhin und ständig vor der Bundeslade musizieren sollen. Lesen Sie einmal die Worte des zu diesem Anlaß vorgetragenen „Danket dem Herrn!“ (1 Chronik 16,8-36). Dieses textreiche Lied läßt eine abwechslungsreiche musikalische Gestaltung ahnen.  

Später erfahren wir, daß David im Tempel nicht nur Priester, sondern eine feste Kirchenmusikerschaft beruft, die sogar namentlich überliefert ist:  

„...Alle diese Männer sollten nach Fertigstellung des Tempels unter Leitung ihrer Väter Asaf, Jedutun ünd Heman zum Gesang die Becken, Harfen und Lauten spielen, wie es der König im voraus festgelegt hatte. Zusammen mit ihren Stammesbrüdern, die für den Gesang im Gottesdienst ausgebildet waren, zählten sie 288 Mann, lauter fähige Leute. . .“  

In die Zeit um 270 v. Chr. fällt die Erfindung der Orgel, nicht von einem Musiker, sondern vom Sohn eines Barbiers erdacht. Vielleicht kam ihm beim Betrachten eines Flöte-oder Aulosspielers (Aulos = Art Oboe) der Gedanke, die Klänge dieser Instrumente loszulösen von der Begrenztheit menschlichen Atems, welcher nur kurze Phrasen ohne Luft zu schöpfen musizieren kann. Sein Instrument nannte der Erfinder Hydraulis, d.h. Wasser-Aulos. Dieses Instrument löste Neugier und Bewunderung aus und verbreitete sich rasch in der griechischen und römischen Weit.  

Erst viele Jahrhunderte später, etwa um 800 n. Chr., fand die inzwischen weiterentwickelte Orgel ihren Weg in die abendländische Kirche. Schon im 9. Jahrhundert sind in Aachen, Straßburg und Freising Orgeln belegt. Allerdings erst im 14.- 15. Jahrhundert wird die zunächst noch mit groben Tasten versehene und mit Fäusten geschlagene Orgel mechanisch und klanglich zu dem Instrument, das wir heute kennen.  

Im katholischen Bereich kommt der Kirchenmusik wegen ihrer Wortverbundenheit unter allen künstlerischen Ausdrucksformen eine besondere Bedeutung zu. Sie macht einen notwendigen und integrierten Bestandteil der feierlichen Liturgie aus. Das wechselseitige Verhältnis von Liturgie und Musik ist hier historisch bedingt. Deshalb besteht die fundamentale und zugleich vornehme Aufgabe katholischer Kirchenmusik in der feierlichen Ausgestaltung der Messe, zum Lobpreis Gottes und zur religiösen Erbauung der Gläubigen. Nach Maßgabe des zweiten vatikanischen Konzils erlaubt die Kirche heute alle Formen wahrer Kunst, welche die für die Messe erforderlichen Eigenschaften besitzen. Hier kommt dem Cantus Gregorianus noch immer eine besondere Bedeutung zu. Er ist durch die Jahrhunderte die Basis katholischen Musikschaffens geblieben.  

Im lutherischen protestantischen Raum beruhen Wesen und Berechtigung der Kirchenmusik auf Luthers Auffassung von geistlicher Musik. Er betont neben dem göttlichen Ursprung der Musik zugleich ihre Nähe zum Glauben. Der Zusammenhang von Musik und Freude läßt diese Kunst wie geschaffen für das christliche Leben erscheinen. Da Musik nicht nur Freude zum Ausdruck bringen, sondern auch hervorrufen kann, ist sie zugleich Lobpreis und Verkündigung. Da die Noten ... den Text lebendig machen. .. (Luthers Tischreden) hat die Kirchenmusik immer die Aufgabe des Verkündigens und ist nicht etwa nur „Beihilfe“ dazu. Diese Musikanschauung Luthers ist bis heute in den Landeskirchen bestimmend geblieben. Sie begründet basierend auf altkirchlicher Tradition das heutige Beruf sbild des Kirchenmusikers.  

Heutzutage stellt sich für Presbyterien und selbstverständlich auch für Kirchenmusiker die Frage, ob in einem technisch hochentwickelten Zeitalter die Orgel nicht einen Anachronismus darstellt. Heute denkt man ganz praktisch. Was wir machen, muß funktionieren, es muß Erfolge und Quoten bringen. Zähl- und sichtbarer Nutzen ist gefragt. Um einer vermeintlichen Modernität willen werden in unseren Kirchen Mikrofonanlagen, Lichttechnik und Bühnen gefordert und installiert. Klassische Instrumente werden elektronisch nachgeahmt, digital gespeichert und reproduziert.  

Die passende flotte Musik wird direkt dazu gemacht. Der erfolgreiche Komponist populärer Kirchenmusik ist heute zugleich professioneller Unternehmer und liefert CD und Notenalbum, T-Shirt und Tournee konsumgerecht mit. Gefällige Melodien stammen häufig aus der digitalen Noten- und Melodiendatei und sind so leicht jeder wechselnden Mode anzupassen. Eine solche marktgerechte Musik, simpel und plakativ gestrickt, wird es, auch wenn sie professionell produziert ist, schwer haben, etwas Bestehendes zu werden. Sie bleibt zumeist epigonale Trittbrettkunst, immer im Schatten ihrer säkularen Vorbilder.  

„On wave“ sind die Sänger und Sängerinnen der Lieder unserer Beihefte, vielfach im Schlagerstil der 50er, natürlich nicht mehr. TECHNO-P0WER ist längst in mancher trendgerechten Kirchengemeinde „on line“... Hier schließt sich der Kreis moderner Rhythmen zu Stammestänzen der Urzeit.  

Im Zeitalter der „schnellen Mark“ läuft auch eine Kirche mehr und mehr Gefahr, das geistliche Abbild eines gemanagten Privatfernsehens zu werden, wenn das spontane Lob Gottes der Berechnung und Planung weicht.  

Und doch gibt es sie, die Menschen, die der Hektik des weltlichen Lebens entfliehen wollen, um in der Ruhe eines Gotteshauses oder zu Hause im stillen Gebet Kraft für den Alltag zu sammeln. Es gibt sie, die Menschen, die sich einen Sinn bewahrt haben für das Feine, das Stille ohne Tamtam und Geplärr. Vielleicht liegt hier noch immer die Chance einer Kirchenmusik, die nicht durch künstliches Aufblasen, sondern durch kunstvolles Gestalten ihren Schöpfer loben und preisen möchte. An eine einseitige elitäre Ausrichtung für etwaige spezielle Fachleute ist dabei nicht gedacht.  

Sicher ließ sich auch für eine Orgel eine Kosten-Nutzen-Kalkulation mit geschickten Worten aufzeigen. Jede Gemeinde weiß, wie sehr ihr Gesang auf eine geeignete Begleitung angewiesen ist. Bei allen Gitarren, Klavieren und Keyboards ist nach wie vor die Orgel einzig geeignet, ohne elektroakustische Verstärkung einen großen Raum zu beschallen. So ist sie notwendig wie eine Heizung, die man auch nicht billiger haben kann. Unter dem Blickwinkel der Lebensdauer betrachtet ist eine gute Orgel dann auch gar nicht mehr so teuer.  

Doch sind das alles recht vordergründige Argumente, denn der Nutzen einer Orgel und ihrer Musik läßt sich nicht belegen. Musik gehört zu den Gaben Gottes, die das Leben schön machen, die uns Freude, Trauer und Glück fühlbar und hörbar werden lassen.  

Die Orgel ist ein Sammelbegriff und vereinigt viele Instrumente in sich. Mehr als tausend Pfeifen unterschiedlichster Machart stehen in vielfältiger Beziehung zueinander. In der Orgel vereinigt sich Unterschiedliches und auch Widerstrebendes. Laute und leise Klänge, scharfe und weiche Stimmen werden zu einer Synthese gebracht. Durch die Hand eines Künstlers bekommt tote Technik eine persönliche Gestalt, sie wird einmalig und unverwechselbar.  

In der Kirchenmusik spürt man die Einheit von Seele und Geist: die Orgel ist ein Abbild dieser Einheit. Hier verbinden sich Kraft, Brillianz und Poesie zu einer großartigen Harmonie. Orgel und Orgelmusik sind die Vision einer besseren Welt. Sie sind ein Symbol unseres Glaubens an ein Hirnmelreich mitten unter uns.  

Als Kirchengemeinde haben wir uns zu dem Schritt entschlossen, ein für diese Orgel-Landschaft wichtiges Instrument nicht nur zu erhalten, sondern es auch mit allen seinen Möglichkeiten zur Freude und zum Lobe Gottes zu nutzen. Aus finanzieller Sicht ist dieses sicher für die nächsten Jahrzehnte die letzte Möglichkeit gewesen, das Orgelwerk zu restaurieren.  

So möchte ich herzlich Dank sagen unserem Presbyterium, das sich für eine Orgelsanierung entschieden hat; allen Beratern und Sachverständigen von Gemeinde, Kirchenkreis und Landeskirche, besonders Herrn C. Wunderlich, Herrn Kämper und Herrn 0SV Schwartz für ihre unermüdliche Hilfe und Unterstützung im Dienste einer musica sacra und nicht zuletzt der Firma Freiburger Orgelbau, Herrn Hartwig Späth und insbesondere Herrn Reiner Janke für die gelungene Restaurierung und Intonation.  

 

Kleines Orgellexikon

Abstrakte
mechanische Verbindung, meist aus dünnem Holz, von der Taste bis zum Pfeifenventil.

Aufschnitthöhe
Intonationshilfe, beeinflußt den Klang einer Pfeife.

Balg
Gerät zur Erzeugung eines Luftstromes oder geringeren Luftdrucks.

Bart
verbessert die Ansprache der Pfeife und dient zum Stimmen.

Disposition
Aufstellung der Register einer Orgel, geordnet nach Fußtonhöhe und nach Zugehörigkeit zu den einzelnen Werken.

Expression
Stimmeinrichtung und Intonationshilfe, beeinflußt den Klang einer Pfeife.

(4)-fach
Angabe der pro Taste erklingenden Pfeifenzahl bei gemischten Registern (wie Cornet, Mixtur). Abkürzung in der Disposition: 4f.

Fuß
Altes Längenmaß (ca.30 cm). Im Orgelbau wird damit die Körperlänge der größten Pfeife eines Labialregisters angegeben. Beispiel: Prinzipal 8', das heißt, die längste Pfeife im Register „Prinzipal“ ist etwa 2,40m hoch.

Hauptwerk
Wichtigstes und gewöhnlich lautestes Manualwerk einer Orgel.

Intonation
Klangliche Feinabstimmung sämtlicher Orgelpfeifen im Klrchenraum. Die Vorintonation erfolgt bereits in der Werkstatt.

Kanzelle
Längliche Kanäle in der Windlade.

Kernspaltenwerk
Intonationshilfe; beeinflußt die Ansprache einer Pfeife.

Kernstich
Intonationshilfe; verbessert die Ansprache der Pfeife und hilft Nebengeräusche zu vermeiden.

Klaviatur
Tastenreihe auf dem Spieltisch.

Labialpfeifen
Gewöhnliche Orgelpfeifen, bei denen der Ton durch das Schwingen der im Pfeifenkörper befindlichen Luftsäule erzeugt wird.
Gleiches Prinzip wie bei der Blockflöte

Labium
Der Pfeifenmund. Bezeichnung für denjenigen Teil der Pfeifenwand, der sich am unteren Ende über und unter der rechteckigen Öffnung befindet.

Manual
Mit den Händen (lat. „manus“, die Hand) zu bedienende Tastenreihe auf dem Spieltisch.

Mensur
Verhältnis von Durchmesser und Labienbreite zur Länge einer Pfeife

Mixtur
Mischung mehrer hochklingender Pfeifenreihen (meist Octaven und Quinten) auf nur einer Schleife.

Pedal
Mit den Füßen (lat. „pes“, der Fuß) zu bedienende Klaviatur

Pedalwerk
Teilwerk einer Orgel. Wird gewöhnlich für die Basspartien genutzt.

Pfeifenstock
Oberster Teil einer Schleiflade, auf dem die Pfeifen stehen.

Prinzipal
Hauptregister einer Orgel oder eines Teilwerks. Meist im Prospekt stehend.

Prospekt
Schauseite einer Orgel

Register
Eine, oder bei gemischten Stimmen, mehrere Pfeifenreihen, die auf einer Schleife stehen und mit einem Registerzug betätigt werden.

Registertraktur
Verbindung zwischen Registerzug und Schleife durch ein mechanisches Gestänge.

Schleife
Unterhalb sämtlicher Pfeifen eines Registers befindliche lägliche Holzleiste. Durch Verschieben der Schleife in Längsrichtung wird ein Register ein- oder ausgeschaltet, das heißt, die Luft kann in die Pfeife strömen, sobald die entsprechende Taste gedrückt wird.

Stimmschlitz
Stimmeinrichtun. Beeinflusst die Intonation

Traktur
Mechanische Verbindung zwischen Taste und Tonventil, bestehend aus Abstrakten, Winkeln und Wellen, die für die Übertragung der Spielimpulse sorgen und bei Tastendruck die Ventile unter den Pfeifen öffnen, sodaß die Luft einströmen kann. Bei einer elektrischen Traktur würde das Ventil durch einen Magneten aufgezogen.

Windlade
Großer Kasten, auf dem die Pfeifen stehen mit Kanzellen, Bohrungen und Ventilen.

Windversorgung
Besteht aus: Gebläse (Elektromotor mit Schaufelrad) Magazinbalg, zur Stabilisierung des Windes Holzkanäle, die den Wind zu den einzelnen Windladen führen. Jedes Werk erhält zusätzlich einen Windladenbalg, der auch bei extrem unterschiedlichen Windverbrauch für gleichmäßigen Druck sorgt.

Impressum

Herausgeber
Ev. Kirchengemeinde Halver

Redaktion
A. Pumpa und C. Wunderlich

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