Intonation, Reiner Janke |
Schon seit meiner Jugend betätige ich mich als "Hobby Tonmeister". Und als Intonateur habe ich früh gelernt, Klänge, Akustiken und Klangnuancen zu analysieren und in einem Archiv regelrecht zu speichern. Dabei hat mir mein von der Natur geschenktes sensibles Gehör immer sehr geholfen. Bei allen Tonaufnahmen, die ich im Laufe meines Lebens mit den unterschiedlichsten Techniken gehört oder selbst produziert habe, fehlte mir aber immer etwas natürliches. Ja klar, je besser die Aufnahme- und Wiedergabetechnik war, desto beeindruckender war der Klang. Aber es fehlte immer die Weite des Raumeindrucks und die Wärme der Klangnuancen. Bei Aufnahmen der Orgelanlage im Hamburger Michel, die ich bei meiner Arbeit so intensiv und lange wie kein anderes Orgelprojekt erlebt habe, war mir dieser Mangel besonders im Mixturenklang und den Nebengeräuschen, die jeder Pfeife eigen ist, aufgefallen. Viele Tonmeister haben den unbeschreiblichen Klangeindruck versucht auf CD einzufangen. Bei allen Aufnahmen war ich als "Orgelwache" und interessierter "Tonmeister" dabei. Aber stets fehlte die räumliche Tiefe, die warme Brillanz und die typische Färbung eines jeden Registers durch die veredelnde Akustik dieses einzigartigen Raumes. Als ich 2015 erneut bei CD-Aufnahmen dabei war, lernte ich zum ersten Mal das Aufnahmeverfahren von Herrn Werner Dabringhaus und Reimund Grimm kennen. Das provisorische Abhören der ersten Takes war für mich derart beeindruckend, dass das Ziel, solch eine Anlage zu Hause aufzubauen, sofort fest stand. Der natürliche Raumeindruck und der transparente Klang waren unübertroffen. Die Orgeln klangen erstmals so, wie ich sie aus dem Kirchenraum kenne. Doch es gab einige Hürden auf dem Weg zum perfekten Klang. Wie integriere ich dieses System in meine bestehende Video-Audio-Anlage? Wie integriere ich die Lautsprecher in die Wohnsituation? Wie teuer wird eine recht audiophile Anlage? Wie funktioniert eigentlich Dolby 5.1/7.1, DTS, Prologic, Neo6, DSD, PCM und Surround 6.1? Wie lässt sich das alles mit dem System 2+2+2 kombinieren? Ein Besuch beim überaus kompetenten wie uneigennützigen HiFi-Market in Freiburg ergab, dass ich mir einen Multiplayer, einen Prozessor und eine Endstufe nur gebraucht kaufen kann, es sei denn ich wäre bereit, für neue Komponenten ca. 30 000 € auszugeben, um ein entsprechend audiophiles aktuelles Ergebnis zu erhalten. Denn die heutigen AV-Receiver sind für meinen Fall unbrauchbar. So startete ich zunächst mit einem gebrauchten Multiplayer (Cambridge Azur 650BD) und der ca. 15 Jahre alten Prozessor Vorstufe (Classé SSP-30 MKII). Allein der Austausch dieser beiden Komponenten brachte schon einen deutlichen Qualitätsgewinn meiner bestehenden Anlage (Boxen von Castle Trend II und Verstärker NAD 302, dann nur noch als Endstufe). Es dauerte einige Zeit bis ich ein gleiches Paar der Castle Boxen für die Frontlautsprecher oben bei ebay erstehen konnte. Auch die favorisierte 6-Kanal-Endstufe von Rotel (RB-956AX) wird nicht oft zu einem günstigen Preis angeboten. Für die hinteren Lautsprecher habe ich recht einfache gebrauchte Bassreflex-Regallautsprecher verwendet, weil das bestehende Bücherregal nur wenig Platz bietet. Allein die Planung und Verkabelung aller Geräte (Satelitenreceiver, Fernseher, Videorecorder, Multiplayer, Prozessor, Endstufe, Stromverteilung und Boxen) bedeutet einen nicht zu unterschätzenden Zeitaufwand. Der Tip von Classé, alle Kabel genau zu beschriften, war äußerst hilfreich, zumal alle Komponenten aus ästhetischen Gründen in einem Fach der Schrankwand ohne Rückwand untergebracht werden wollten. Auch musste dazu die 1 cm dicke Frontplatte der Vorstufe in der Breite auf das Schrankmaß reduziert werden, was für einen Orgelbauer und Hobbyelektroniker eine lösbare Aufgabe war. Die Castle-Boxen klingen wunderbar harmonisch und ausgewogen, können aber auf Grund der Größe keine Frequenzen unterhalb von 50 Hz wiedergeben. Darum kam später ein Subwoofer (HECO New Phalanx 203 F) für den Tiefbass ab 50 Hz dazu, dessen Stereosignal über Y-Kabel an den Ausgängen für die Frontlautsprecher abgegriffen wurde und hinter dem Flachbildfernseher Platz fand. Schon die ersten Hörproben waren derart überwältigend und bestätigten die Überlegenheit dieses Aufnahmeverfahrens. Zum optimalen Ausbalancieren der Lautstärken war der Tipp von Herrn Dabringhaus sehr wertvoll, wonach jede Lautsprechergruppe (vorne unten, vorne oben und hinten) ein in sich stimmiges Stereobild ergeben muss. Hier ist die Endstufe von Rotel sehr praktisch, weil sich an ihrer Frontseite ein Regler für jede Lautsprechergruppe befindet. Für eine bessere Ortung und Auflösung habe ich die oberen Boxen noch etwas nach unten geneigt. Auf einen Center Lautsprecher für den Kinosound habe ich auch aus ästhetischen Gründen verzichtet, da der Prozessor ein so sauberes Mittensignal errechnet. Auch kann ein zusätzlicher Lautsprecher dem stimmigen Klangbild eigentlich nur abträglich sein. Fazit: Für Aufnahmen im 2+2+2 Format habe ich jetzt eine nie für möglich gehaltene Klangqualität in meinem Wohnzimmer, von der auch Filme mit Dolby 5.1 auf audiophilem Niveau profitieren. Zudem können normale Stereo-CDs mit Surroundefekten wie Neo:6 "aufgepeppt" werden, was sich selten nachteilig auswirkt.
Sehr beeindruckend ist auch die standortunabhängige Raumwirkung und das Hören in die Höhe. Bei den Hamburger Aufnahmen ist nicht nur der Klang des Fernwerks, dessen Klang aus der Rosette in der Mitte der Decke herausströmt, zu orten. Auch die Teilwerke der großen Orgel (unten rechts und links das Positiv, hinten das Schwellwerk, mittig das Hauptwerk und weit oben das Kronwerk) kann man bei genauem Hinhören zuordnen. Reiner Janke www.orgel-info.de Preise für die Einzelnen Geräte: Multiplayer 270,- Prozessor 300,- Endstufe 300.- 1 Paar Boxen 250,- Kabel 150,- Anschlussschema für ein 2+2+2 System mit analogen und digitalen Eingängen
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